GERÄUSCH ALS FARBE

Künstlerische Forschung / Elektroakustisches Konzert / Installation (2016)

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Ob am Fließband, in der Eisengießerei, im Schnellzug, im Krankenhaus, im Shoppingcenter oder beim Staubsaugen; die alltäglichen akustischen Phänomene, welche die Tonspur unseres zivilisatorischen Lebens ausbilden, unterscheiden sich zum einen in das als wertvoll erlebte Hören, etwa bei ausgewählter Musik oder Gesprächen, und zum anderen in ein erzwungenes Hören derer Geräusche, die wir als störend empfinden. Nach dem Vorbild des Synästhetikers und Komponisten Alexander Nikolajewitsch Skrjabin (1872 – 1915, Russland) wurde für die Komposition "Geräusch als Farbe" farbiges Licht Klängen zugeordnet und dabei das Phänomen genutzt, durch die gleichzeitige Reizung des Hör- und Sehsinns die Wahrnehmung der Rezipient:innen zu intensivieren.





Das Brummen und Blubbern der Kläranlage in Leipzig, das Klicken der Automaten im VW-Werk in Dresden und das Getöse der Baustelle "BAB A100 – 16. Bauabschnitt: AS Neukölln bis AS Am Treptower Park" in Berlin bildeten hier die, gemeinhin als störend empfundenen, Ausgangsgeräusche für die Komposition. Um Farben aus Tönen herauszufiltern, wurden verschiedene experimentelle Untersuchungen vorgenommen. In einer ersten Versuchsanordnung wurden Töne durch eigenes synästhetisches Empfinden Farben zugeordnet. Die Laborbedingungen stellte ein "Malort", in welchen verschiedene der genannten Geräusche als Material mitgenommen wurden. "Malorte" sind pädagogische Orte und bestehen aus einem Raum, in dessen Mitte die Farbreihe als Gouache-Farborgel aufgebaut ist. Mit diesen Farben wird auf weißen Blättern an den Wänden gemalt, auf denen die Spuren sämtlicher vorangegangener "Malspiele" zu sehen sind. Dieses Vorgehen richtet sich nach der Lehre von Arno Stern, der davon ausgeht, dass Menschen in ihrer Bildsprache einer gemeinsamen Formulation folgen.

In einer zweiten Versuchsanordnung wurden die tonalen Eigenschaften der Geräusche mit Geige und Flöte herausgehört und in den Farben Blau-Gelb-Violett-Rot-Orange mit einer Konzentration auf Rot-Violett-Orange dem Farbkreis von Skrjabin zugeordnet, wobei die Zuschreibung Ton = Farbe sich gliederte in C = Rot, D#/Eb = Violett, und G = Orange, folglich C-Moll mit C#/Db = blau und D = gelb. Die Melodie dieses Querschnitts zivilisatorischen Klangmaterials wurde im Konzertraum "ausland" in Berlin als acht-Kanal-Konzert-Installation aufgeführt und erlebbar gemacht.


Für die Ausstellung "Blick zurück nach vorn" im Kunstkraftwerk in Leipzig wurde im Schaltraum des ehemaligen Heizwerks eine 4–Kanal-Audio-Installation mit Computersteuerung eingerichtet, die, entsprechend der Melodie, vier unterschiedlich farbige Scheinwerfer kontrollierte.




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Künstlerische Assistenz:
Lilli-Isolde Hallmann

Geige:
Lilli-Isolde Hallmann, Soheil Boroumand