RONDO

Künstlerische Forschung / Installation / Elektroakustisches Konzert (2012-15)
Klangstück, GIF-Datei, Schallplatte mit Spiralaufkleber, Kassette, Tapete, Hypnosescheibe (kinetische Wandarbeit: Schallplattenspieler, Pappe, LED Lichterkette mit buntem Licht, MP3 Player, Ton, ca. 90 x 90 cm)

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Das Rondo ist eine traditionelle musikalische Form aus dem 17.Jahrhundert, in der ein wiederkehrendes Thema (Ritornell) von einzelnen kontrastierten Themen (Couplet) abgewechselt wird. Die Rondo-Serie besteht aus verschiedenen elektroakustischen Kompositionen, die dem Geräusch eines neurologischen Bildgenerators, wie er in der funktionellen Magnetresonanztomographie, kurz fMRT, verwendet wird, den Klang der menschlichen Stimme gegenüberstellen.

Die verwendeten Aufnahmen der fMRT-Geräusche stammen aus einer neurokognitiven Studie zur Ausschüttung des Neurotransmitters Dopamin im Gehirn, einer Untersuchung, welche von den wiederkehrenden Sequenzen schriller Maschinentöne begleitet wird. Während deren Einfluss auf den Untersuchungsprozess in der Regel unbeachtet bleibt, impliziert die Rhythmik und Reihenfolge dieser Geräusche eine Art Musikalität, deren kompositorische Form am ehesten in einem Rondo zu fassen ist.

Die entstanden Klangstücke thematisieren die Spanne der menschlichen Aufmerksamkeit. Sie untersuchen den Effekt von Wiederholungen, dem zentralen Thema des Rondo-Kompositionsschemas, auf die Wahrnehmung und deren Rolle in Kontextvermittlung und -verständnis.

Hinterfragt wird auch der wissenschaftliche Ansatz, komplexe Vorgänge neuronaler Prozesse im Gehirn mit modernen Bildgebungsverfahren auf einer abstrakten Ebene zu quantifizieren. Die Aktivierung verschiedener Gehirnareale wird bei diesem Vorgehen nicht individuell abgebildet, sondern mithilfe idealisierter Algorithmen indirekt berechnet.

Dieser anonymen Wissensgenerierung steht in den Rondostücken die sinnliche und explizit subjektive Erfahrung der musikalischen Komposition gegenüber.



RONDO NR.1
-​Klangstück 12 min, 15 sec, Konzert-Installation "Von Monaden und linearen ​Kreisen", Kunstraum Michael Barthel, Leipzig, 2012

Die Einzelausstellung im Kunstraum Michael Barthel beleuchtete in verschiedenen Arbeiten das Prinzip der Wiederholung. Unter anderem ein an die Wand projiziertes GIF "Hypnosescheibe", welches die Betrachter*innen einlud, sich mit der menschlichen Wahrnehmung auseinanderzusetzen. Zu sehen war eine handgezeichnete sich gegen den Uhrzeigersinn drehende Spirale, welche den Eindruck einer sich nach innen gerichteten Bewegung hinterlässt, ein Prinzip der optischen Täuschung, durch das eine solche Spirale auch als Fixpunkt in der Hypnosetechnik angewendet wird. Das Klangstück Rondo Nr.1 wurde im Rahmen der Ausstellung als Konzert-Performance aufgeführt.



RONDO NR.2
− Klangstück 4 min, 33 sec, Schallplatte, Spiraletikett (Auflage 5 + 1), 2014

Während die Kürze der Aufnahme die Kompositionsform des Rondos verschärft, zitiert diese Arbeit John Cage's Stück "Four minutes, thirty-three seconds" als eine Referenz an seinen Umgang mit Kompositionen uns umgebender Geräusche. Bei Cage schweigt das Instrument auf der Bühne und alle anderen Geräusche im Konzertsaal werden zum Stück.

Die Mitte der leeren B-Seite ziert ein Aufkleber mit einer sich nach links drehenden Spirale, was die Schallplatte gleichermaßen zur kinetischen Skulptur macht.



RONDO NR.3
− Zwei Klangstücke 9 min, 40 sec, Kassette, Recordings for the Summer, Leipzig, 2014
− Einzelausstellung "Rondo", Rumpsti Pumsti (Musik), Berlin, 2015

Für die Kassette Rondo Nr.3 wurde die Refrain-Form des Rondos auf die A- und die B-Seite aufgeteilt. Eine Seite enthält alle Melodiestücke, die sogenannten Couplets, während sich auf der anderen Seite ein Refrain, genannt Ritornell, an den anderen reiht. Michael Barthel steuerte für das Cover ein Lautgedicht bei und gestaltete es mit der Zeichnung einer Partitur, auf die sich die Rondokompositionen beziehen.

In der Ausstellung "Rondo" in der Berliner Galerie und Schallplattenladen "Rumpsti Pumsti (Musik)" gab es die Hypnosescheibe in einer dreidimensionalen Form zu sehen. Als kinetische Wandarbeit aus der sich nach links drehenden Spiralscheibe mit Aufmerksamkeitston und farbig flackerndem Licht, lud sie die Betrachter:innen ein, sich auf die bewusstseinsverändernde Wirkung der optischen Täuschung einzulassen.



RONDO NR.4
− Klangstück und Konzert-Performance mit Geige (Soheil Boroumand), 2 x 12 min, 99 sec, Leipzig, 2015

Im Versuch, das maschinelle Schrillen während eines fMRT-Scans als musikalische Struktur zu festigen, wurde für Rondo Nr.4 der Klang einer Geige eingeführt, welche die Struktur der Komposition variiert und auf diese reagiert. Das sanfte Streichen des klassischen Musikinstruments trifft auf das fast unerträgliche Geräusch der Magnetfeldspulen und interpretiert diese.