WINDHARFE

Elektroakustisches Konzert; Teil des fortlaufenden Projektes "wind" (seit 2018)
Birke Muliplex lakiert, Saiten, Ebenholz, Wetterschutz aus Stahlblech, 80 x 20 x 6 cm; Ebow

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Die Wind- oder Äolsharfe war im 19. Jahrhundert ein Gegenstand großer Faszination. Im Zeitalter von Romantik und Biedermeier stand sie für den von Menschen gemachten Apparat, der mit Hilfe des Windes Klänge hervorbringt, die eine Harmonie vorführen, nach der sich die Menschen scheinbar sehnten. Im Rahmen des Atelierstipendiums der Hansestadt Rostock hat Anna Schimkat Windharfen entwickelt, die sie an verschiedenen Orten der Stadt platzierte, um die Geräusche in und um sie herum aufnehmen zu können. Diese Aufnahmen wurden zusammen mit dem Archiv der Windgeräusche und einem mit einem Ebow angeregten selbstgebauten Windrohr in eine konzertanten Raumkomposition in der Hochschule für Musik und Theater/Rostock überführt.

Aufnahmeort:
Dorf Toitenwinkel, neben einem Einfamilienhaus und am Eingang des Sternplatzes, auf Empfehlung der Ansässigen, da dort der Wind immer durch pfeift. Klingt der Wind in Toitenwinkel Dorf anders als in der Plattenbausiedlung?
Das Dorf Toitenwinkel wurde im 13. Jahrhundert gegründet. In der DDR-Zeit war Rostock von 1952 bis 1990 DDR-Bezirksstadt und wurde systematisch durch neue Stadtgebiete erweitert, bis es auf über 250.000 Einwohner anwuchs. Dazu wurden die umliegenden Dörfer eingemeindet und durch große Plattenbausiedlungen erweitert. Gebaut wurde die Siedlung Toitendorf 1987-1995 für 27000 Menschen. 2018 hat Toitenwinkel etwa 14000 Einwohner:innen. Bei der Bundestagswahl 2017 wählten rund ein Viertel der Stimmberechtigten die AfD, damit hat sie derzeit die Mehrheit im nordöstlichen Stadtteil. Der einstige Sky-Markt ein paar Hundert Meter entfernt vom neuen Standort außerhalb des Viertels steht seit 2015 leer. Der schmucklose Platz, das "Friedensforum" (oder "Sternplatz""), ist umsäumt von kleinen Läden, die mit dem Sky-Markt eröffneten und nun teilweise wieder schließen mussten.



Aufnahmeort:
Stein der "Blagmantelschen" in der Befestigungsmauer der Westmole/Warnemünde:
Der Legende nach stürzte sich eine Frau "im blauen Mantel" in den Strom, nachdem sie von einem französischen Soldaten (1806-1813 lag eine Abteilung der napoleonischen Armee bei Warnemünde) schwanger und von der Bevölkerung ausgegrenzt wurde. Seit dem muss sie als Spukgestalt umherwandern. In dem Stein in der Westmole entdeckten Arbeiter bei der Errichtung der Mole im Jahr 1896 eine Frauengestalt in blauem Mantel. Hört man den Spuk im Wind?


Aufnahmeort:
Petriturm der Petrikirche. Östliche Altstadt. Der höchste Punkt Rostocks. Der Turm ist mehrfach in seiner Geschichte durch Blitz und Krieg zerstört worden. Auf Initiative der Bürgerschaft hin wurde er zum zweiten Mal in den 1990er Jahren wieder aufgebaut. Die Petrikirche wurde mit Rostock 1531 evangelisch. Der Reformator Joachim Slüters wirkte von der Petrigemeinde aus. Als sich im Herbst 1989 in der DDR viele Menschen für Gerechtigkeit und Freiheit versammelten und begannen, gemeinsam dafür in vielen Städten zu demonstrieren, trafen sich die Rostocker vor ihren Märschen durch das Stadtzentrum zu Andachten in der Petrikirche. Erzählt der Wind die Geschichte des Ortes?



Weitere Aufnahmeorte an der Ostsee:
- Kap Gneinitzort
- Elmenhorst
- Kägsdorf
- Riedensee





Dank an:
Sarah Linke von der Stadt Rostock Jürgen Opel
Das Team der Theaterwerkstatt Rostock
Christiane Vogt
Frank Ivemeyer
Holger Stark
Olaf Kirsch vom Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg